Cleveres Konzept mit Vorbildwirkung
„Benessere“ – Wohlbefinden fördern und das nachhaltig, diese Art der Wohnraumgestaltung hat sich seit vielen Jahren das Laboratorio di Architettura in Reggio Emilia (IT) rund um Architekt Andrea Rinaldi vorgenommen. Das Team entwickelte am Beispiel sozialer Wohnbauten in Bozen Fassadenblocks zur thermischen Sanierung. Ein cleveres Konzept mit Vorbildwirkung.
Zum Wohlfühlen
Wer sich mit Andrea Rinaldi über Stadtentwicklung unterhält, merkt bald, dass es dem Architekten nicht darum geht, Neues zu bauen, sondern darum, Bestehendes zu sanieren, aufzuwerten, zu pflegen und zu warten: „Ein Arzt kümmert sich um das Wohlergehen des Menschen, ein Architekt um den Raum, in dem der Mensch lebt“, sagt er. Stadt-Erneuerung statt Städte-Bau also. Der Architekt und Urbanist denkt seine Projekte in mehreren Ebenen und berücksichtigt unter anderem auch soziologische, ökologische und historische Aspekte. Nach seinen Vorstellungen soll Erneuerung von Wohnraum aber vor allem eines können: das Wohlbefinden der Bewohner steigern.
Viele Klänge, eine Sinfonie
Bei dem fünfjährigen EU-Projekt Sinfonia ging es darum, zwei Städte – Bozen und Innsbruck – smart und damit lebenswerter zu machen. Die Pilotstädte funktionieren als Modell, welches weiteren europäischen Städten helfen soll, Energiekosten einzusparen, den Verkehr besser zu regulieren, die Luft- und Lebensqualität zu verbessern und insgesamt eine Energiewende zu erleichtern. Nachdem die erste Phase des Ausprobierens abgeschlossen ist, fließen weitere EU-Fördergelder und fünf Early-Adopter Städte sowie 47 Replication-Cities befinden sich im Nachahmungsverfahren auf dem Weg in eine energieeffizientere Zukunft.
Recycelbares Aluminium spielt eine enorm wichtige Rolle in der nachhaltigen Sanierung.
Upcycling!
Zusammen mit seiner Frau leitet Andrea Rinaldi ein studio (dt. „Atelier“), wie das Architekturbüro in Italien genannt wird. Die beiden fokussieren sich, zusammen mit fünf weiteren Architekten, auf nachhaltige Bauweisen und Kreislaufwirtschaft. Letztere sei auch für andere gesellschaftliche Aspekte wichtig. Beim zirkulären ökologischen Bauen wird auf Abrissmaßnahmen weitgehend verzichtet. Einzelne Komponenten werden bei Verschleiß gezielt repariert oder ersetzt. Die dazu verwendeten Baustoffe bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen oder sind recycelbar.
Frisch, bunt und wirkungsvoll
Auch das Material Prefalz, das an der Außenseite der Fassadenblöcke zur Isolierung von Fenstern und Balkonen an der Via Palermo in Bozen im Rahmen des EU-Projekts Sinfonia zum Einsatz kam, ist zu 100% wiederverwendbar. Dank der neuen Module in roter und weißer Optik, gelang es den Architekten, das Gebäude ästhetisch aufzupeppen und an den kritischen Stellen Gebäudeöffnungen so abzudichten, dass künftig bis zu 70% an Heizkosten eingespart werden können. Eine Win-win-Situation sowohl für die Lebensqualität in den Innenräumen als auch für das neue Aussehen der Fassade.
Gekommen um zu bleiben
Andrea Rinaldi hat an dem Projekt auch gut gefallen, dass die Bewohner während der Sanierung ihre Wohnungen nicht verlassen mussten. Innerhalb von einem Tag wurden die Blocks auf die Fenster und Balkone gesetzt, der Rest wurde dann von innen in einem Zug fertiggestellt. Eine ausgeklügelte Konstruktion: In den Modulen stecken ausschließlich Holz und Aluminium. Das Geländer an den Balkonen ist aus hochwertigem Edelstahl. Die Logik des zeitsparenden Verfahrens basiert auf der industriellen Produktion von Fertigteilen im Off-site-Verfahren. Jeder Fassadenblock wird in der Fabrik nach dem Schema der untenstehenden Grafik zusammengefügt. „Die Methode hat den besonderen Vorteil, dass sie eine sehr präzise Verarbeitung ermöglicht“, sagt Rinaldi. Ein wichtiger Faktor bei der thermischen Sanierung.
Wertvoller Vermittler
Innovative Erkenntnisse, welche er durch seine Arbeit gewinnt, gibt Andrea Rinaldi auch an der Universität von Ferrara weiter. Dort unterrichtet er „Architektonische und Urbane Komposition“. Es sei ihm wichtig, schon Studierende für das Konzept der Stadterneuerung zu sensibilisieren und zu begeistern. Auch als Redakteur einer regionalen Zeitschrift für angewandte Architektur und Baukultur ist er wegweisender Teil einer wachsenden Architekten-Szene, die zum Ziel hat, achtsam mit vorhandenen Ressourcen und Baumaterialien umzugehen. Doch trotz der eigenen Initiative weiß Rinaldi: „In Italien wird gebaut wie eh und je. Es hat sich wenig geändert. Die Baubranche hinkt gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen immer einen Schritt hinterher, wenn es um Nachhaltigkeit geht.“
Selbstverständlich
Der seit 2016 mehrfach ausgezeichnete Architekt denkt integrativ und baut auf sein fundiertes Fachwissen. Im Gespräch über seine Arbeit treten Raum, Gesellschaft und Technik näher in Kontakt. Seine gewonnenen Erkenntnisse fließen dann von einem Projekt ins nächste: Wer sichtbare, skalierbare Veränderungen schaffen möchte, braucht eben starke, adaptierbare Ideen. Mit drei unterschiedlichen Modultypen in Prefaweiß und Oxydrot erzeugte Rinaldi in Zusammenarbeit mit motivierten Handwerkern eine kraftvolle und lebendige Tiefenwirkung an der Fassadenfront, die er selbst als „kontrollierte Diversität“ bezeichnet. Eine Vielfalt, die Lebensqualität verspricht und dem Wohnbau ein Image verleiht, das sich sehen lassen kann!
Wohngebäude in Bozen - Details
Land: |
Italien |
Objekt, Ort: |
Wohnbau, Bozen |
Kategorie: |
Sanierung |
Architektur: |
Laboratorio di Architettura |
Verarbeiter: |
Cavagnis Costruzioni |
Material: |
|
Farbe: |
Prefaweiß, Oxydrot |
weitere Infos:
- Text: Mara Probst
- Fotos: © Laboratorio di Architettura - Reggio Emilia