Charmantes Dach

Marco Maresca, Massimo Desalvo und deren Kollegen von Bladidea realisierten mit einem Öko-Hotel in Champoluc im Aostatal ein Projekt mit wertigen Materialien, einzigartiger Optik und ressourcenschonender Wärmetechnologie.

Rückansicht des Hotels.

Tradition trifft Technik

Bladidea wurde im Jahr 2010 von fünf Architekten aus Norditalien gegründet. „Wir sind eher eine Arbeitsgemeinschaft als eine Firma im herkömmlichen Sinn“, sagt Marco Maresca. Dass man bei Bladidea die Hierarchien flach hält, ermögliche dem Team eine flexiblere Realisierung einzelner Projektebenen. Marco Maresca und zwei seiner Kollegen sind im Aostatal tätig, die anderen beiden Architekten arbeiten von Turin aus. Mit zwei Standorten habe man nicht nur zwei Perspektiven, sondern auch zwei Orte, von welchen aus man lokale Baustellen betreuen kann. Bladidea machen neben Neubauten auch Restaurierungen und Landschaftsgestaltung, aber auch Innenarchitektur und Design. Architektur bedeute für Marco Maresca komplexe Themen wie Ökologie, Technik, Wirtschaft und Ästhetik unaufgeregt miteinander zu verknüpfen und auch abzuwiegen zwischen Schönheit, Funktionalität und der Einsparung von Umweltressourcen.

Portrait der Architekten in deren Studio.

Marco Maresca und Massimo Desalvo

Wald und Wasser

Bladidea bringen mit acht realisierten Hotels bereits einige Erfahrung im Bereich Hotelbau mit. Dennoch – kein Hotel ist wie das andere und beim Au Charmant Petit Lac entschied man sich gemeinsam mit dem Bauherrn für einen besonders ökologischen Weg. „Wir wollten etwas Einzigartiges schaffen, das sich nicht nur in der Optik, sondern auch in seiner ökologischen Beschaffenheit und Funktionsweise von anderen Hotels in der Gegend abhebt“, erzählt Marco Maresca.  

Ansicht des Hotels von der Seite des Sees. Links: der Spa-Bereich.

Umgeben von Wäldern und Wiesen, wurde das Fünfsternehotel an einem kleinen See errichtet, der dem Hotel auch seinen Namen gibt und in den 1970er Jahren künstlich angelegt wurde. Die umliegenden Häuser stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Sie sind mehrstöckig, tragen dunkle Holzfassaden im Bereich der obersten Geschosse und sind mit alten Faserzementplatten bedeckt. Mit einer hellen, freundlichen Fassade aus Lärchenholz und einer außergewöhnlichen Dachform hebt sich das neue Öko-Hotel mutig von seiner Umgebung ab. „Die Baugenehmigung zu bekommen war nicht ganz einfach, da wir uns aber innerhalb der erlaubten Maßstäbe bewegten, stellten die Behördenwege auch keine allzu große Hürde dar“, sagt Marco Maresca.

Aufnahme des Hotels von oben aus der Ferne. Zu sehen sind außerdem die umliegenden Häuser aus den 1970er Jahren.

Komfort des Raumes

Viel Holz, innen und außen, recycelbare Materialien wie das Prefalz auf dem Dach und holzumrahmte Fensterfronten mit weitreichenden Ausblicken. „Wir wollten uns nicht abgrenzen, sondern mit der umliegenden Natur in Resonanz gehen“, erklärt Marco Maresca. Während das Element Holz im Gebäude auf den Wald Bezug nimmt, steht das steingraue PREFA Dach für schroffe Felsplatten an Bergmassiven wie etwa jenen des Monte Rosa, in dessen Richtung das Hotel auch ausgerichtet ist. Den Architekten gelang es dadurch, nicht nur in der Symbolik und Funktionalität des Materials Natur greifbar zu machen. Die natürliche Umwelt des Hotels wird hier auch zum unmittelbaren visuellen Erlebnis. „Dass der Ausblick in Richtung der Berge vom Standort des Hotels aus bestmöglich zur Geltung kommt, war eines der Hauptanliegen des Bauherrn“, sagt Marco Maresca.

Im Jahr 2017 begann man mit dem Projekt und schloss es 2019 erfolgreich ab. Mit vier Stockwerken, 15 großen Familienzimmern, einem übersichtlichen Spa-Bereich, welcher sich unterhalb der begrünten Dachfläche befindet, und einem Restaurant mit Terrassen-Außenbereich bietet das Hotel Unterkünfte für Urlauber mit hohen ökologischen Ansprüchen. „Die Gäste kommen aus verschiedenen europäischen Ländern“, erzählt Massimo Desalvo. 

Schräge Seitenansicht des Hotels. Zu sehen: das begrünte Dach, das PREFA Dach und die V-Streben an der Außenseite der Fassade.

Struktur, Form, Material

Systematisch sei bei dem Projekt Holz zum Einsatz gekommen, erzählen Marco Maresca und sein Kollege Massimo Desalvo. Die tragenden Strukturelemente der oberen Stockwerke wurden mit Brettschichtholz aus Tanne und Lärche umgesetzt. Dieses industriell gefertigte, geleimte Material ist so stabil, dass es in Italien beim Bau von Häusern mit bis zu neun Stockwerken eingesetzt werden kann. Die tragenden Strukturen des Untergeschosses und des Erdgeschosses hingegen sowie des Spa-Daches und der vertikalen Verbindungen bestehen aus Ortbeton. Für einen eigenwilligen Gebäudecharakter sorgt eine Lärchenholzfassade, welche vor die überdachten Balkone gesetzt wurde.

Überblicksaufnahme vom Hotel, dahinter die Berge.
Foto von der Fassade und dem Dachgiebel.

Natürliche Faltung

Bei der PREFA Dacheindeckung in Doppelstehfalztechnik entschied man sich für die Farbe P.10 Steingrau. Steht man vor dem Hotel, ist die Dachfläche kaum sichtbar. Sie verläuft waagrecht bis zum Beginn der Terrasse, bildet dort einen Knick und setzt sich anschließend in einem flachen Winkel fort, bevor sie auf Höhe eines begrünten Dach-Abschnitts nochmals knickt und mit der Grünfläche gemeinsam zum Boden hin abschließt. Blickt man von oben auf das Dach, werden Dunstabzüge sichtbar, welche vom Spengler mit Prefalz in interessante Formen gehüllt wurden. Eine Form beispielsweise, welche das Rohr eines Holzkamins umhüllt, legt sich wie Origami über den abfallenden Verlauf der Dachrampe.

Luftaufnahme vom Dach.

Nachhaltige Wärme

Neben einer angemessenen Dämmung des Gebäudes wurde für das Hotel ein mechanisches Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung entwickelt. Dieses gleiche auch einen Wärmeverlust durch Zugluft aus, sagen die Architekten. Zusätzlich wurden zur Senkung der Betriebskosten Überwachungs- und Kontrollsysteme installiert. Für die Warmwasseraufbereitung und die Klimatisierung im Winter kommen drei Wärmepumpen zum Einsatz, welche in erster Linie mit Grundwasser, aber auch mit Abwasser aus den Hotelzimmern funktionieren. Unterstützt wird dieses System von Thermokaminen und Solarplatten auf dem Dach. Eine Fußbodenheizung sorgt für Komfort und hilft die Temperaturen in den höheren Räumen, wie etwa dem Eingangsbereich, gleichmäßig zu verteilen.

Grundriss Erdgeschoß des Hotels Au Charmant Petit Lac im Aostatal
Nachtansicht.

Hotel "Au Charmant Petit Lac" - Details

Land:

Italien

Objekt, Ort:

Hotel, Champoluc

Kategorie:

Neubau

Architektur:

Bladidea

Verarbeiter:

Gualandris Srl - Santhià

Material:

Prefalz

Farbe:

P.10 Steingrau

Weitere Infos:

Interview: Mara J. Probst
Text: Mara J. Probst
Fotos: © Croce & Wir